Knapp 100 Bürgerinnen und Bürger nutzten die Gelegenheit, sich am vergangenen Mittwoch über die mögliche Errichtung eines Windparks auf Gemarkung der Gemeinde Dietingen zu informieren. Vertreter der EnBW Windkraftprojekte GmbH stellten ihre Vorgehensweise zur Projektentwicklung vor, beantworteten zahlreiche Fragen und gaben weitreichende Einblicke von der Projektakquise bis hin zur Inbetriebnahme oder gar dem später einmal anstehenden Rückbau von Windkraftanlagen.

Bürgermeister Frank Scholz begrüßte Herrn Michael Soukup (Teamleiter Windkraft Süddeutschland) und seine Mitarbeiterinnen Natascha Rauchfuß und Fiona Altmann, die das Projekt in der Gemeinde Dietingen federführend begleiten werden. Er erläuterte, dass sich der Gemeinderat in seiner Sitzung am 13. Mai 2024 zugunsten der EnBW Windkraftprojekte GmbH mit Sitz in Stuttgart als Projektpartner für einen Windpark entschieden hatte.

Zielvorgabe der Landesregierung ist es, 2 % der Fläche in Baden-Württemberg für die Erzeugung von erneuerbarer Energie auszuweisen, hiervon 0,2 % für Solarenergie und 1,8 % für Windkraft. Der Gemeinderat hatte sich seit dem Jahr 2022 in vier öffentlichen Beratungen, bei denen zwei Beratungen der Solarenergie und zwei Beratungen der Windenergie widmeten, darauf festgelegt, jeweils 2 % der Gemeindeflächen für Freiflächenphotovoltaikanlagen und 2 % für Windenergieanlagen bereit zu stellen. Bezüglich der Windkraft stellte der Regionalverband im März dieses Jahres Vorranggebiete vor. Auf die Gemeinde Dietingen entfielen dabei Flächen in einer Größenordnung von 526 Hektar. Bereits im Jahr 2023 entstand der Konsens im Gemeinderat, proaktiv das Thema Windkraft anzugehen, um die Energiewende zielgerichtet zu unterstützen um eigene Interessenlagen innerhalb der Gemeinde gegenüber angrenzenden Kommunen und der ForstBW bewahren zu können. Es schloss sich das Angebotsverfahren mit der Erarbeitung einer Bewertungsmatrix an. Unter sieben Bewerbern fiel die Entscheidung zugunsten des Anbieters EnBW Windkraftprojekte GmbH, die innerhalb des umfassenden Kriterienkatalogs, bei dem u. a. Abstände zur Wohnbebauung maßgeblich waren, überzeugen konnte. Beim Partner EnBW gab nicht der größte Profit für die Gemeinde den Ausschlag, sondern die Einschätzung des Gemeinderates, hier einen guten Partner für einen Windpark gefunden zu haben.

Herr Michael Soukop stellte das Projekt „Grünstrom für Dietingen“ anhand einer Präsentation vor. Begonnen bei den bundesweiten Aktivitäten der EnBW über konkrete Windkraftvorhaben in Baden-Württemberg spannte er den Bogen zu den im Regionalplan ausgewiesenen Windpotenzialen bis hin zu den in der Gemeinde Dietingen möglich erscheinenden Windkraftanlagen. 80 % der bisherigen Windkraftstandorte der EnBW befinden sich in Waldgebieten. Viele sich bei der Planung ergebenden Aspekte werden erst im Laufe des Genehmigungsverfahrens erkennbar. Die EnBW kalkuliert mi der Errichtung von fünf Windkraftanlagen auf Gemarkung der Gemeinde Dietingen.

Zeitplan:

2024                           Projektvorbereitung, Flächensicherung

2024/ 2025               Fachspezifische Untersuchungen

2025                           Vorbereitung und Beginn des Genehmigungsverfahrens

2026                           Erhalt der Genehmigung und EEG-Ausschreibung

2027/ 2028               Baubeginn Windpark

2028                           Inbetriebnahme

Es wird eine Betriebslaufzeit von 25 Jahren für die Windkraftanlagen veranschlagt. Daran schließt sich die „Face-Out-Phase“, d. h. der anschließende Rückbau an, der mithilfe von Bürgschaften durch den Betreiber finanziell abzusichern ist.

Herr Soukup ging in seinem Sachvortrag und in der anschließenden Fragerunde ausführlich auf die in Frage kommenden Standorte und die hierbei zu berücksichtigenden Ausschlusskriterien ein. Topographischen Gegebenheiten sind weitere Einflüsse, die eine mögliche Ansiedlung von Windkraftanlagen ausschließen.

Der Planung sind Windkraftanlagetypen mit folgenden Daten zugrunde gelegt:

Rotorduchmesser:   160 bis 180 m

Nabenhöhe:             165 bis 199 m

Gesamthöhe:           245 bis 290 m

Nennleistung:           5,5 bis 8 MW (Megawatt)

Stromertrag              (brutto) 83.600 MWh/ Jahr

Stromertrag              (netto) 70.900 MWh/ Jahr

(= Ertrag, der nach Verlusten wie der Abschaltung von Anlagen aus unterschiedlichen Gründen und negativen Strompreisen eingespeist nach werden kann)

Für den Windpark Dietingen werden fünf Anlagen vorgesehen mit Windrädern, die eine Nabenhöhe mit 175 m aufweisen. Hierbei entstehen Investitionskosten i. H. v. 61 bis 66 Mio. €. Die EnBW wird die Windkraftanlagen an Umspannwerkte oder im günstigen Fall direkt an bestehende Hochspannungsleitungen (100 kV) anschließen. Für den Bau und die Montage einer Anlage werden 1 bis 1,5 Hektar Fläche benötigt. Etwa die Hälfte hiervon wird wieder renaturiert, d. h. für den Betrieb eines Windrads wird nach Inbetriebnahme eine Fläche von 0,75 Fläche dauerhaft benötigt.

Anhand von Fotosimulationen stellte Herr Soukup die Landschaftsansichten aus den Blickrichtungen Dietingen-Ort, Irslingen, Böhringen und Gößlingen vor.

Die EnBW bietet Beteiligungsmodelle, bei denen sich die Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde engagieren können. So können Geschäftsanteile erworben werdn,

Mitmach-Modelle gewählt, bei denen Kapitalerträge erzielt werden können oder von Bürgerstromboni profitiert werden, bei denen Dietinger Bürgerinnen und Bürger eigene Stromrechnungen einreichen und Vergütungen erhalten können. Die Gemeinde erhält außderdem Pachteinnahmen und kommunale Beteiligungen nach § 6 EEG.

Im Anschluss an seinen Sachvortrag beantwortete der Teamleiter der EnBW zahlreiche Fragen der anwesenden Bürgerinnen und Bürger, die sich sehr interessiert und zugleich kritisch mit der Thematik auseinandersetzten. Auswirkungen wie die Geräuschentwicklung, die Abstände zur Wohnbebauung (1.300 m), die für den Bau notwendige Rodungsfläche, den Effekt sich verwirbelnder Luftschichten mit etwaigen Auswirkungen auf das Klima, artenschutzrechtliche Gesichtspunkte, mögliche Stromschwankungen und gesundheitliche Einflüsse waren wesentliche Fragestellungen, auf die der Teamleiter der EnBW ausführlich einging. In jedem Fall sind letztlich gesetzliche Vorgaben wie die TA Lärm oder Auflagen der Genehmigungsbehörden einzuhalten und im laufenden Betrieb nachzuweisen. Weitere Fragestellungen richteten sich gleichermaßen auch an die Gemeinde, die Stellungnahmen abgeben kann, jedoch keine konkreten Einflussmöglichkeiten auf die Ansiedlung von Windkraftanlagen durch die ForstBW oder die angrenzenden Nachbarkommunen haben wird.

Vergleichbare Windkraftanlagen der EnBW sind im Landkreis Tuttlingen, in der Nähe von Immendingen oder auch in Häusern im Hochschwarzwald zu finden. Herr Soukup erklärte, dass die EnBW die Präsentation der Informationsveranstaltung der Gemeinde zur Verfügung stellen wird. Sie finden diese Ende dieses Berichts..

Teilnehmer und Referenten lobten am Ende der Veranstaltung gleichermaßen den offen geführten Informationsaustausch mit sachlichem Diskurs, der an diesem Abend unterschiedliche Blickrichtungen und Fakten auf einander zuführte und den Weg für einen guten Start in das Projekt Windpark Dietingen ebnete.

 

Wir bedanken uns beim Team der EnBW für die Bereitstellung der Präsentation:

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